Am Beginn des 20. Jhdts., als die Fotografie noch ein relativ neues Medium war und wenig beschwert und eingeengt durch standardisierte Konventionen oder durch berufliche Ausbildungsstätten, verbrachten auch viele Frauen ihre fotografischen Lehr- und Wanderjahre in Paris.
Lernen hieß damals experimentieren, entdecken, erforschen und vielleicht weniger ein Schema erfüllen, als das heute der Fall ist. Natürlich musste man auch damals ein Bild „richtig” belichten können. „Richtig” unter Anführungszeichen, denn was richtig ist, das konnte man und frau oft noch weitgehend selbst bestimmen. Wenn man eine kleine Leica benutzte, wurde man zwar nicht ernst genommen, aber wenn einem das nichts anhaben konnte, war man relativ frei. Dazu kam die Dunkelkammertechnik, die man sich als Assistentin aneignen durfte und oft auch musste, denn nicht viele hatten die Gelegenheit, im Fach Fotografie eine formelle Ausbildung abzuschließen.
Viele sammelten sich für länger oder kürzer um den Amerikaner Man Ray, der sich als Autodidakt bereits einen Namen als Fotograf gemacht hatte, Schüler*innen akzeptierte und manche*r auch seine Dunkelkammer zur Verfügung stellte. Den Pariser Fotografinnen dieser Zeit ist ein Buch von Uda Hörner, erschienen in der edition ebersbach, gewidmet: „Scharfsichtige Frauen – Fotografinnen der 20er und 30er Jahre in Paris” 1). 10 Frauen werden darin beschrieben und Beispiele ihrer Arbeiten gezeigt; darunter Berenice Abott, Lee Miller (beide aus den USA; in den 20er-Jahren zog es so manche Amerikanerin nach Europa, wo sie durch die Wirtschaftskrise bedingt, billig leben konnte), Ilse Bing und Marianne Breslauer (Deutschland), Claude Cahun und Dora Maar (Frankreich).
Während eine unkonventionelle Modefotografie betrieb, entdeckte die andere für sich das Genre der Fotoreportage und wieder eine andere machte surrealistische Bilder mit der Kamera. Diese Frauen veränderten nicht nur die Sehgewohnheiten ihrer Zeit, sondern auch die Vorstellung davon, was eine Frau sein konnte und durfte. Nicht nur fotografisch ist dieses Buch interessant, sondern auch als kleines kulturhistorisches Dokument der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg.
1) „Scharfsichtige Frauen” ist erhältlich bei Ihrer Buchhändlerin oder z.B. bei Bookzilla
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