Für eine Philosophie der Fotografie

Subhash: „Stele #1360”

„Stele #1360”

Der Medientheoretiker und Kulturphilosoph Vilém Flusser († 1991) betrachtete die Fotografie als sehr klares Beispiel für den soeben stattfindenden Kulturwandel durch die Erzeugung und Verwendung von Apparaten. In seinem 1983 erstmals erschienenen Büchlein „Für eine Philosophie der Fotografie” beginnt er diese Kulturkrise zu untersuchen und versucht die neu entstehende Daseinsform zu erahnen.

Bilder sind keine eindeutigen Symbolkomplexe wie etwa Zahlen, sondern bieten Raum für Interpretationen. Durch den über die Bildfläche schweifenden Blick wird Zeit als ewige Wiederkehr des Gleichen und der Raum als Raum wechselseitiger Bedeutung rekonstruiert. Flusser meint, dass sich in Bildern nicht historische Linearität mit Ursache und Folge, sondern eine magischen Welt zeige, in der sich alles bedeutungsvoll miteinander verbunden wiederhole. Weiterlesen

Die Rote Gefahr

Subhash: „Die rote Gefahr #9950”

„Die rote Gefahr #9950”

„Fressen und gefressen werden” lautet das unbarmherzige Gesetz der freien Natur – zumindest wenn man den Darwinisten oder den Neoliberalisten glauben sollte.

Darwin selbst kann kaum etwas dafür, das einmal gleich richtig gestellt: Er hat zugegeben, dass Kooperation ein mindestens ebenso starkes Prinzip „der Natur” ist, wie Konkurrenz. Der russische Anarchist Peter Kropotkin hat gar ein Buch darüber geschrieben, wie weit verbreitet Kooperation unter allen Lebewesen ist: „Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt”. Weiterlesen

Wie ist das mit dem Tod?

Der Tod ist etwas Erschreckendes: Das Nicht-mehr-Sein, das Nie-wieder-Sein oder für gläubige Juden, Christen, Muslime: das Einander-erst-nach-dem-eigenen-Tod-Wiedersehen, das verstört einen. Wir wissen zwar normalerweise nicht aus eigener Erinnerung, was und wo wir waren, bevor wir waren, aber das hindert uns nicht daran, erschreckt zu sein über das Nichtwissen darüber, wo wir sein werden, wenn wir nicht mehr sein werden.
Subhash: „La flor muerta»

«La flor muerta»

Technische Daten: Olympus E-5, Zuiko 50 mm Makro, f/11, 1/6 sec, ISO 200, Stativ, Spiegelvorauslösung, Infrarotauslöser, Focus stacking (Tiefenschärfen-Erweiterung) mit 14 Einzelaufnahmen Weiterlesen

Künstlerisch und dokumentarisch (Panorama Mödling, Schrannenplatz)

Subhash: „Panorama vom Mödlinger Schrannenplatz”Subhash: „Panorama vom Mödlinger Schrannenplatz”

Unlängst bekam ich zu hören (bzw. zu lesen), dass mein letztes Bild «Explosión otoñal» nicht gefalle. Als Begründung wurde genannt: „… da bin ich wohl zu sehr Fotografin und zu wenig Künstlerin …” – Interessant, nicht? Da wird einem Bild das Fotografiehafte abgesprochen, weil es zu „künstlerisch” sei. So, als ob eine „künstlerische” Fotografie gar keine „richtige” Fotografie sei. Das bestätigt mich darin, wie notwendig meine Bemühungen sind, der Fotografie wieder mehr Raum zu verschaffen. Ich bin kein Feind der dokumentarischen Fotografie, aber sehr wohl einer ihrer Höherstellung. Weiterlesen

Über Fotografie

Subhash: «Pormelado #3057»

«Pormelado #3057»

Wir betrachten die Photographie, das Bild an unserer Wand, als das Objekt selbst (Mensch, Landschaft, etc.), welches auf ihr dargestellt ist.

Dies müsste nicht sein.

(Ludwig Wittgenstein)

Jede Sprache im weiteren Sinn korrumpiert, lähmt und betäubt für gewöhnlich – nicht nur die der Fotografie, für die das Susan Sontag anmerkt. Sprache macht einerseits wahrnehmbar, indem sie sozusagen Behältnisse für den doch recht undifferenzierten Energiefluss bereit hält, doch sie prägt und zensuriert damit jede Wahrnehmung und lässt diesen Umstand dann vergessen. Sie stellt die Bausteine zur Verfügung, aus denen wir Erinnerungen bauen (und ohne Erinnerung keine Wahrnehmung), diese Modellbauwelt, die wir gewöhnlich für wahr nehmen. Sind uns die Bausteine sehr vertraut und verwenden wir sie immer auf die selbe Weise, dann ist unsere Welt grau, langweilig, leblos und altbekannt. Manche Wahrnehmung ist mit mancher Sprache auch einfach gar nicht möglich. Aber ebenso wie es Menschen gibt, die sich und Andere mit Hilfe von Worten aus der Betäubung heraussingen können, gibt es Überwinder*innen der Stumpfheit auf jedem Gebiet des „Hantierens mit Symbolen” (was „Sprache” letztlich bedeutet). Das sind Künstler*innen, die erst an die Grenzen gehen, an die Absperrungen, und dann darüber hinaus. Weiterlesen

In welchen Himmel kommen tote Sonnen?

Cover Henri Huhki Edelbauer: „In welchen Himmel kommen tote Sonnen?”

Zugegeben: Es ist kein Fotobuch: Im Inneren befindet sich ein einziges Bild (das zeigt den Autor und ist schlecht gedruckt), und sonst gibt es nur eines am Cover, das sehen Sie hier links (groß auf Anklicken). Warum also wird dieses Buch hier vorgestellt, hier in einem Fotoblog? –

Nun, weil es ein philosophisches Fotoblog ist und Huhki mit diesem Buch ein philosophisches Werk vorlegt, dass auch Fotograf*innen inspirieren kann, geht es doch oft genug in seinen Texten um Wahrnehmung, Erkenntnis und Kreativität, worauf der geneigte Leser, die stöbernde Leserin dann mit Neugier, Begeisterung, Verwirrung, Verwunderung und/oder Unverständnis reagieren mag, ungefähr in dieser Reihenfolge, wobei ein Gefühl dabei nicht die vorigen auslöscht, sondern sich nur – zeitweise dominant – druntermischt, und Unverständnis auch nicht das ist, was bleibt, sondern ein Amalgam aus allen Reaktionen. Fad wird einem jedenfalls nicht dabei. Weiterlesen

Die Welt sehen

Subhash: «Cielo negro #117_2»

«Cielo negro #117_2»

Die Welt ist die Welt, weil du weißt, welche Anschauung erforderlich ist, sie dazu zu machen. Würdest du sie nicht durch Anschauung zu dem machen, was sie ist, dann wäre die Welt anders.

(frei nach Carlos Castañedas Don Juan)

In der deutschen Übersetzung des Originals („Reise nach Ixtlan”) heißt es statt Anschauung „Tun”. Das ist natürlich insoferne gerechtfertigt, als nicht nur körperliches Anschauen und eine geistige Weltanschauung dazu nötig ist. Aber hier in diesem Blog geht’s mir zu allererst um Fotografie, und die hat sehr viel mit Anschauung, geistiger und körperlicher, zu tun. Weiterlesen

Ein Weg mit Herz 2

Subhash: «Un camino con corazón 2»

«Un camino con corazón 2»

Para mi solo recorrer los caminos que tienen corazón, cualquier camino que tenga corazón. Por ahí yo recorro, y la única prueba que vale es atravesar todo su largo. Y por ahí yo recorro mirando, mirando, sin aliento.
Für mich gibt es nur das Gehen auf Wegen, die Herz haben, auf jedem Weg gehe ich, der vielleicht ein Weg ist, der Herz hat. Dort gehe ich, und die einzige lohnende Herausforderung ist, seine ganze Länge zu gehen. Und dort gehe ich und sehe und sehe atemlos.

(Don Juan in Carlos Castañeda: „Die Lehren des Don Juan”)