Ehre (und bezahle) deinen Fotografen

Respect your Photographer

Dieses Plakat ist ein Fundstück aus dem Internet. Nun, so schlimm wie darauf behauptet ist es hier in Österreich glücklicherweise nicht, oder? – … Oder ist es für manche zum Teil gar noch schlimmer?

Berufsfotografen verbringen durchschnittlich

Dem stelle ich einmal meinen Aufwand als Künstlerischer Fotograf gegenüber (natürlich auch nur eine Schätzung):

  • mehr als 1 Stunde mit Vorbereitung (eMails, Besprechungen, usw.),

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Künstler*in und Unternehmer*in ist, dass jene*r für gewöhnlich ohne Auftrag arbeitet. Es gibt also keinen Mailverkehr oder Besprechungen mit Kunden*innen im voraus. Dass ein künstlerisches Projekt aber oft monatelange Vorbereitung beansprucht, ist wohl einsichtig. Aber auch manche Berufsfotograf*innen müssen sich so ausführlich vorbereiten. (Man denke nur an aufwändige Reportagen.)

  • 1 – 3 Stunden mit Aufnahmen,

Meine persönlicher Zeitaufwand für eine in der Anzahl der Bilder vergleichbare Serie (siehe unten) beträgt 4,5 Stunden bis 3 Wochen (und manchmal noch viel mehr).

  • 10 – 30 Minuten mit Ausarbeitung pro Bild (4 bis 12 Stunden),

(Die Angabe der Zeit in der Klammer lässt darauf schließen, dass hier mit 24 Bildern pro Fototermin bzw. Session gerechnet wird.)
Ich lege Wert auf hohe Qualität und verwende zwischen 30 Minuten und 3 Tagen für die Ausarbeitung eines Bildes aus dem „digitalen Negativ”.

  • mehr als 5 Stunden mit dem Rest (fahren, versenden, bestellen, verpacken, zustellen)

Das kann ich einfach nicht schätzen. Ein Bild ist schnell per Mail versendet, aber ich verkaufe keine Bilder per Mail. Ein Blogbeitrag braucht schon einmal auch 4 Stunden, aber ich verkaufe kaum Bilder über mein Blog. Verpacken und Versenden habe ich noch nie berechnet, wie ich zugeben muss, aber natürlich ist auch das Arbeit, die ich aufwenden muss.

pro Fototermin.

Fototermine im üblichen Sinn nehme ich nicht wahr. In der Rückschau lässt sich vielleicht bestimmen, in welchem Abschnitt man ein Projekt geschaffen hat. „Petragua” z.B. brauchte ca. 4 Wochen bis die Serie fertig am Rechner lag, «Chromata apo tin Kriti» vielleicht 7 Wochen. Ich schüttle so etwas eben nicht aus dem Ärmel; daran hindert mich mein Anspruch, der nicht die Wiederholung des Ewiggleichen akzeptiert. Gut, „In der fremdem Stadt …” entstand in vier Stunden (samt Anfahrt, Ausarbeitung und Bloggen), aber das ist auch nicht das, was ich unter Künstlerischer Fotografie verstehe.

Sie investieren tausende Euros in Ausrüstung, Software und Requisiten und wenden unzählige Stunden auf um zu lernen wie man gute Bilder macht.

Das kann man laut sagen! Ich bin wahrlich keiner, der immer das Neueste haben muss und seine Kamera (oder gar seinen Rechner) jedes Jahr wechselt, aber natürlich habe auch ich tausende Euros schon nur für die Ausrüstung ausgegeben, die ich derzeit tatsächlich benutze (und noch mehr für das, was inzwischen veraltet im Kasten liegt).

Urlaub und Krankenstände werden ihnen nicht bezahlt. Sie bekommen keine Zuschläge für hervorragende Arbeit oder Feiertage. Sie haben keine Krankenversicherung oder irgendwelche Vergünstigungen und 35% ihrer Einnahmen gehen direkt an die Steuer.

Ich bin kranken- und pensionsversichert (ca. 24 % vom Einkommen vor Steuern), allerdings nicht aufgrund meiner künstlerischen Tätigkeit. Wie schwer das aber für so manche*n Künstler*in ist, kann man hier nachlesen. Arbeitslosen-, Urlaubs- und Weihnachtsgeld bekomme ich nicht, und längere Zeit darf ich nicht krank werden, das wäre mein Ruin. Was die Steuer betrifft, so sind in Österreich ungefähr die ersten 11.000 € im Jahr steuerfrei, dann setzt die Einkommensteuer ein und zwar mit 36,5 % für den Einkommensteil von 11.000 bis 25.000 €. Bis 60.000 € sind’s 43,2134 % und darüber 50 %.
(Übrigens: Kein Mensch zahlt in Österreich 50 % Steuern, das behaupten nur Leute, die in den Grundrechnungsarten nicht ganz sattelfest sind, oder solche, die die Sozialversicherung auf die Steuer aufschlagen. Sie müssen schon unendlich viel einnehmen um 50 % Einkommensteuer zu bezahlen, denn Ihre ersten 11.000 € sind auch dann steuerfrei, wenn sie Einkommensmillionär sind. Bekommen Sie genau 60.000 € im Jahr, so beträgt Ihr effektiver Steuersatz 33,725 %. Sollte ich jemals so viel verdienen, werde ich mich darüber sicher nicht beklagen.)

Verstehen Sie bitte, dass sie Geschäftsinhaber sind mit Liebe zur Fotografie, aber diese Liebe bezahlt ihre Rechnungen nicht.

Natürlich nicht. Sie lässt einem höchstens das relativ karge Leben leichter nehmen. (Und das will ich wirklich nicht gering schätzen; ein gutes Einkommen ist kein Ersatz für einen verhassten Beruf.)

Respektieren Sie Ihren Fotografen!

Ein frommer Wunsch zu Zeiten inflationärer Bilderflut, Handycams, Microstock-Agenturen, die Bilder um 1 € verscherbeln und öffentlichen Stellen, die sich nicht scheuen, diese zu verwenden! Ganz zu schweigen von all den „Studenten*innen” (vielleicht sogar solchen mit elterlicher oder öffentlicher Unterstützung), die versprechen einen Foto-Auftrag schnell und billig zu erledigen, mit deren Produkten sich dann der oder die nachfolgende Grafiker*in grün und blau ärgern kann, weil der Kunde zwar knausrig aber inkompetent ist, was die Beurteilung der erforderlichen Qualität betrifft. (Und da spreche ich aus eigener Erfahrung!)
Immerhin könnte ein Poster wie dieses da oben vielleicht das Bewusstsein für die Arbeit einer Fotografin bzw. eines Fotografen schärfen. Eine gute Fotografie erfordert in beinahe jedem Fall mehr als sich hinzustellen und den Auslöser zu drücken, das sollte dadurch schon klar werden.
Zur (angestrebten) Finanzierung dieses Fotoblogs siehe hier und hier.

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