Eine antikoloniale Volksrebellion vor der Unabhängigkeit
(1781 – 1783)
Vortrag Prof. Lic. Maurice Felipe Brunner (Unversidad Bolivariana de Venezuela)
1700 lösen die Bourbonen die Habsburger in Spanien ab und installieren einen absolutistischen Staat, der seinen Reichtum, der durch den Merkantilismus und billigsten Rohstoffen gewonnen wurde, zur Schau stellte. In Europa beginnen um diese Zeit Staaten auch tatsächlich zu solchen zu werden, Grenzen bekommen mehr Bedeutung. Die bourbonischen Wirtschaftsreformen gestatten Kompanien mit gemischten Kapital, wodurch erste Kapitalakkumulationen im Baskenland zustande kommen. Eine Marktliberalisierung, interkolonialer Handel und ein Anstieg der Sklavenhalterschaft bringen zwar Reichtümer, aber die Verteidigung der Spanier gegen die Engländer mit großen Festungsanlagen ist sehr kostenintensiv.
1776 werden Heer und Finanzen im Generalkapitanat Caracas zusammengefasst. 1777 strömen wieder vermehrt spanische königliche Vertraute in die Vizekönigreiche und die Verwaltung wird verschärft. Die Marineausgaben werden zurückgeschraubt und die Infanterie gestärkt, was eine verstärkte sichtbare Militärpräsenz zur Folge hat. Das, die Intensivierung der Zentralisierung und vor allem die Erhöhung der Steuern – es werden vierzig verschiedenen Abgaben eingehoben unter anderem auf Rum, Tabak, Glücksspiel, aber auch auf das so wichtige Konservierungsmittel Salz – erregen großen Unmut. Erstmals werden nun auch Indigene besteuert.
Ein Motto von Carlos III, des Bourbonen ist überliefert: “Alles für das Volk, aber ohne das Volk.”
Die Jesuiten, die ein wenig Schutz gegen die Willkür der Spanier bedeuteten, werden vertrieben. 1779 finden neuerliche Steuererhebungen statt um den britisch/spanischen Krieg zu finanzieren, was der wichtigste Auslöser für eine umfassende Rebellion ist.
Am 5. November 1780 bricht ein Aufstand im Vizekönigreich Peru unter Túpac Amaru los, der behauptet ein Nachkomme der Inkaherrscher zu sein. Er versucht, die alten Inkagebiete wieder zu installieren. Die Rebellion scheitert und Túpac Amaru wird am 18. Mai 1781 enthauptet.
Zwei Tage zuvor beginnt die Comunerosrevolte von Mestizen, weißen niedrigen Lohnniveaus, Indigenen und weißen Kreolen, die mit der Führung beauftragt werden. Es handelt sich um eine gemeinsame Rebellion im andinen Raum. “Es lebe der König, Tod der schlechten Regierung!” 15.000 bis 20.000 Bewaffnete nehmen Bogotá ein, während der Vizekönig in Cartagena im Einsatz gegen die Engländer war. Am 17. Juni 1781 kommt es zu einem Kompromiss zwischen dem Anführer Juan Berko und Erzbischof Caballeron mit 32 angeführten Zugeständnissen auf ökonomischem, politischem, sozialem und militärischem Gebiet. Die Revolte löst sich daraufhin zunächst auf. Aber der Mestize José Antonio Galán traut dem Kompromiss (zu Recht) nicht und führt den Aufstand weiter. Er verbreitet sich von San Antonio über die Andenkette bis Mérida und Timotes ins heutige Venezuela. Ein Entsatzheer hält den Aufstand in Trujillo auf. Es kommt zu Repressionen gegen die Anführer, wobei sich allerdings die Bischöfe von Bogotá und Mérida für Begnadigungen aussprechen, die auch gewährt werden mit Ausnahme für die venezolanischen Anführer.
Das Fazit ist, dass ohne klare Identität (viele Ethnien und Klassen), ohne klaren Gegenpol bzw. Feindbild und ohne klarem Ziel auch dieser Aufstand scheitern musste. Die Aufständischen wollten die Regierung reformieren nicht absetzen, daher spricht man von einer Rebellion und nicht von einer Revolution. Ein Erfolg konnte erzielt werden: Steuersenkungen.
Derzeit gibt es 6-7% Indigenas in Venezuela (festgestellt durch die Mision Identidad). Durch die bolivarianische Verfassung sind seit 2002 erstmals Indigenas im Parlament vertreten.