Lied der Erleuchtung


Saht ihr nie den Mann, der den Weg fand,
Erhaben über Tätigkeit und Lehre,
Der das Denken nicht unterdrückt
Und nicht nach Wahrheit sucht?
Das wahre Wesen der Unwissenheit
Ist des Buddha eigenes Wesen.
Der Verblendung Gestalt ist das Nichts,
Nichts ist auch der Wahrheit Gestalt.

Über Flüsse und Berge bin ich gezogen
Und suchte den einen, meinen Lehrer.
Seit ich den Weg zum Meister fand,
Seh ich, dass er jenseits von Tod und Geburt liegt.
Gehen ist Zen; Sitzen ist auch Zen.
Reden, Schweigen, Ruhe und Eile,
Im Wesen ist alles das Unbewegte.

Ist strebe nicht mehr nach Wahrheit,
Ich zerstöre auch keinen Irrtum.
Beides ist leer, nicht wirklich.
Was weder leer ist noch unwirklich
Und dennoch nicht nicht-leer,
Das ist des Buddha erhabene Wahrheit.

Ein Mond nur spiegelt sich in allen Wassern,
Alle Monde im Wasser sind ein und derselbe Mond.
Die wahre Gestalt aller Buddhas, die sind und waren,
Ist meine Gestalt, mein Wesen das ihre.

(Aus dem "Lied der Erleuchtung" von Meister Yung-Djia
[Yung-djia Hsüan-djiau, jap. Yoka Gengaku;
665-713, Schüler des Hui-Neng, Verfasser des
"Lieds der Erleuchtung", Dscheng-dau-go])


Subhash am 3. August 2000 um 22:14