Zum Interview Berendt/Om

Lieber H.S.!

Ich habe das Interview von Joachim E. Berendt mit Om C. Parkin aus dem „Esotera” 11/99, das Du mir gebracht hast, gelesen, und es gibt einen wesentlichen Punkt darin, der der Korrektur bedarf. Hier wird wieder einmal ein Mißverständnis verbreitet, das uns weiterhin von Freiheit und von Erkenntnis fernhält (so wir daran glauben - an dieses Mißverständnis). Das kann ich natürlich nicht durchgehen lassen.

Der ganze Artikel teilt nämlich so nebenher mit, dass es eine Entwicklung zur Erleuchtung hin gibt, dass Erleuchtung bisher einigen Wenigen vorbehalten ist, und dass es ein paar Autoritäten gibt, die bestätigen können, wer erleuchtet ist und wer nicht. Unfug!

Ich hab' mir dann überlegt, wer es denn sein könnte, der oder die Om C. Parkin bestätigte, dass er höchste Erkenntnis erlangt hat, „als derzeit einzigem Deutschen”. Nun, so denke ich, das kann doch wohl nur Gangaji und/oder Papaji (Sri H.W.L Poonjaji) sein. Da Gangaji von Papaji „autorisiert” ist, bleibt also die Frage, wer denn Papaji autorisiert hat. Ich glaube nicht, dass er irgendwo ein Dekret von Ramana Maharshi hatte, worin dieser ihm bestätigt, dass er „ein anerkannter spiritueller Meister” ist. Und Ramana Maharshi hatte sowieso keinen Meister im üblichen Sinn.

Also sind alle Autoritäten, die mir eingefallen sind, auch nur Menschen, denen jemand zubilligt (und zwar jemand dazu nicht ausdrücklich Befugter!), weiser als Andere zu sein. Wenn ich also Recht habe, dann heißt das, dass es niemanden erspart bleibt, sich seinen Meister selbst zu autorisieren bzw. irgendjemand für befugt zu halten, diesen Meister zu autorisieren. (Selbst die Zeugen Jehovas kommen nicht darum herum, zuerst zu beschließen, dass die Bibel das Wort Gottes sei und daher unantastbar, bevor sie einfach an sie glauben dürfen.) Ein Dilemma: Ich, der ich unwürdig bin und der Hilfe bedarf, muß entscheiden, wer denn befähigt ist, mir helfen zu dürfen. Ich Unerleuchteter muß die oberste Autorität in meiner persönlichen Hierarchie sein, der, der entscheidet, wer erleuchtet ist und wer nicht! Ich stelle jemanden über mich: Wer ist in diesem Spiel also der Regisseur?

Glücklicherweise funktioniert das so nicht. Wer seinen Meister trifft, weiß, dass er ihn (oder sie) getroffen hat, völlig gleichgültig, was irgendwelche Autoritäten dazu sagen. Wer eine Bestätigung „von außen” benötigt, der hat seinen Meister nicht getroffen. Ganz einfach ist das.

Und was passiert dann, wenn man ihn (oder sie) endlich gefunden hat? - Gar nichts.

Man durchschaut das Drama des Suchens und erkennt, dass man schon immer das war, was man gesucht hat, ja, dass es nie einen Sucher gegeben hat, weil es nichts gibt, als den Meister. Daraus erwacht man. Aus der Identifikation mit irgendeiner Person, sei es Meister oder Schüler. Wenn es nur Eines gibt, wer könnte sich dann womit identifizieren?

Und nochetwas: Ganz klar ist, dass das nichts Neues ist, nicht etwas was erreicht werden kann, dass es auch schon vorher, als „ich” noch nicht „realisiert” war (was für ein unsinniger Gedanke!), nichts anderes als den Meister gegeben hat. Alles ist er, auch „ich”, die Suche, die Verwirrung, die Arroganz, die Unsicherheit. Alles ist Gnade, alles ist Hilfe!

Und nichts geschieht, wenn es der Meister nicht will, da muß niemand Angst haben. Wir brauchen keine anerkannten Autoritäten, um uns zu erklären, wer ein wahrer Meister ist. Allein die Tatsache, dass etwas geschieht, genügt als Beglaubigung dafür, dass sie auch das Recht hat, zu geschehen.

Das Sein (sat) ist Wahrheit (sat), und Gemeinschaft mit dem Sein (satsang) ist alles, was ist. Niemand, der Satsang gibt, und niemand, der Satsang empfängt - nur eins. Nichteinmal Eins, denn ohne ein Zweites ist nichts (no thing), worauf Papaji immer wieder hinwies.

Wir alle sind schon erleuchtet, wir alle sind schon frei. Es kann gar nicht anders sein. Unsere Meinung dazu ist ein Ereignis in dieser Freiheit.

Namaskar
Subhash

Subhash am 20. Jänner 2000 um 09:22

joachim berendt ist „fan” von om.c – vielleicht wird er auch schon bald über das lachen können … zumindest hat er mit seinem „mißverständnis” einen „subhash” dazu gebracht, diese schönen worte zu schreiben … und eins noch zu dieser meistergeschichte: wenn man seinen meister trifft passiert nach meinem empfinden schon etwas großartiges: unermessliche liebe … und vielleicht ist es diese liebe, die einen j.e.berendt dazu bringt om.c. in den himmel zu loben … - wer weiß …

love, dieter

dietaji ;-) am 22. Jänner 2000 um 16:03

Ja. Ein Zug im göttlichen Spiel.

Gestern Nacht habe ich ein Interview mit Surendra, dem Sohn Papajis gelesen. Da sagt er folgendes (ich versuche es zu übersetzen):

„Die Vorstellungen, die wir von Jnanis [„Weisen”] haben, sind nutzlos. Wir machen uns selbst sehr klein, wenn wir sie haben. Das ist ein Fehler. Wir alle sind Jnanis.” […]

„Wollen Sie damit sagen, dass Sie keine Unterscheidung machen zwischen jemanden, der realisiert ist und jemanden, der es nicht ist?”

„Jede(r) ist verwirklicht. Es gibt niemanden, der (die) nicht verwirklicht ist. Es ist nur der Zweifel, der Sie glauben läßt, Sie sind nicht realisiert. Wenn ein neues Standbild enthüllt werden soll und ein Tuch darüber liegt um es zu verhüllen, ist dann die Statue hier? Natürlich ist sie hier. Wenn das Tuch entfernt wird, sieht man die Statue. Verwirklichung ist immer hier, und Sie sehen das, wenn die Zweifel entfernt werden.”

(Surendra in „Meeting Papaji – First Hand Accounts
gathered by Roslyn Moore”, DO Publishing, gibt's bei amazon.com)

Subhash am 23. Jänner 2000 um 11:06